Soziokultur

Demografischen Wandel begleiten
  • Die durch den demographischen Wandel verursachten Herausforderungen erreichen die Soziokultur infolge ihres starken Bezuges zu den Stadtteilen besonders frühzeitig. Auszugehen ist davon, dass sich der Bedarf nach soziokulturellen Angeboten nicht allein durch die wachsende Bevölkerungszahl erhöhen wird, sondern vor allem auch dadurch, dass der Anteil der jüngeren und älteren Jahrgänge in den nächsten beiden Dekaden überproportional zunehmen wird. Jüngere und Ältere sind aber vorrangige Adressaten von wohnortnahen Angeboten der kulturellen Bildung und der auf das Gemeinwesen bezogenen generationenübergreifenden Arbeit, die für alle Soziokultureinrichtungen im Mittelpunkt stehen. Enorm an Bedeutung gewinnen werden zudem zielgruppenspezifischen Offerten für so genannte junge, aktive Alte.
  • Angesichts dieser Situation sind künftig in besonderem Maße Optionen für neue soziokulturelle Initiativen in Wohnortnähe zu eröffnen. Allerdings gilt es dabei geeignete Wege für den Umgang mit dem Paradoxon zu finden, nach dem neue, auf eigene, bürgerschaftliche Initiative hin entstehende soziokulturelle Vereinigungen bislang vor allem in solchen Stadtteilen heranwachsen, in denen - wie in der Neustadt - diesbezüglich bereits eine vergleichsweise dichte kulturelle Infrastruktur existiert. Demgegenüber entwickeln sich derartige Initiativen nur selten in Stadtteilen, in denen viele Menschen leben, die gemeinhin als sozial benachteiligt bezeichnet werden, bei denen diesbezüglich aber von einem höheren Bedarf ausgegangen wird.
Soziokulturzentren als Plattformen zur Selbstorganisation bürgerschaftlichen Engagements

  • Mehr noch als in der Vergangenheit werden die etablierten Soziokulturzentren künftig eine wichtige Rolle als Plattformen für die Selbstorganisation bürgerschaftlichen Engagements, die generationenübergreifende Arbeit und für künstlerisch-kulturelle Vorhaben von Akteuren, die von außen neu hinzukommen, spielen. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass es angesichts der gegenwärtigen Haushaltslage der Landeshauptstadt nur in stark eingeschränktem Maße möglich sein wird, zusätzlich Soziokulturvereine institutionell zu fördern. Deshalb – aber auch generell um offen für neue Initiativen, künstlerisch-kulturelle Strömungen und Bedürfnisse zu bleiben – sollten die etablieren Institutionen ihre Häuser und vorhandene Ressourcen im Rahmen des Möglichen für von außen Hinzukommende öffnen. Das Spektrum der dabei möglichen Kooperationsformen ist breit. Es kann von der Mitnutzung vorhandener Arbeitsvoraussetzungen bis dahin reichen, dass sich die Soziokulturzentren als Projektträger für die Umsetzung der Vorhaben zur Verfügung stellen.
  • Darüber hinausgehend übernehmen die etablierten, institutionell geförderten Soziokultureinrichtungen – wie gegenwärtig bereits Alte Feuerwache und riesa efau – wichtige Aufgaben als Koordinatoren für das Freiwilligenmanagement und ermöglichen somit insbesondere Jugendlichen ein entsprechendes Engagement im In- und Ausland. Vor allem durch die stadtteilbezogene Arbeit – oder das Agieren als Mehrgenerationenhaus – wirken sie unmittelbar auf ihr näheres Umfeld ein und beziehen die Bürgerschaft in ihre Arbeit ein.
Kooperationen stärken
  • Um ein derartiges auf soziokulturelle Ziele bezogenes Engagement und darauf orientierte neue Vorhaben in ausreichendem Maße zu befördern, dürften die dem Kulturressort zur Verfügung stehenden Ressourcen nicht ausreichen. Neben den bekannten Partnern für die soziokulturelle Arbeit - wie Jugendamt und Sozialamt - sollten dafür stärker neue, auch privatwirtschaftliche Akteure einbezogen werden. So existieren diesbezüglich bereits gute Erfahrungen mit Wohnungsbaugenossenschaf-ten und anderen privaten Anbietern.
  • Insbesondere die Dresdner Soziokultureinrichtungen dürften Orte sein, um künftig Angebote der Jugendhilfe und kulturelle Angebote wieder stärker aufeinander zu beziehen. Die um das Jahr 2000 erfolgte organisatorische Trennung gemeinsamer Angebote von Jugend- und Kulturamt wird heute an den Schnittstellen von Jugend- und Kulturarbeit kritisch gesehen. Dies gilt im speziellen für das Zusammenwirken von Kinder- und Jugendarbeit einerseits sowie der Soziokultur andererseits. Dafür wird bezogen auf vorhandene Entwicklungsbedarfe und -möglichkeiten zudem eine verstärkte Abstimmung zwischen den Ämtern für Jugend sowie Kultur und Denkmalschutz erfolgen, um eine engmaschigere Abstimmung der Fördermöglichkeiten für jugendbezogene Angebote zu erreichen.
  • Darüber hinaus wird insbesondere die Kultur- und Kreativwirtschaft (KKW) als Partner der Soziokultur gesehen. Viele Akteure der KKW haben sich vor allem in der ersten Phase ihres Schaffens im engen Kontext von Soziokultureinrichtungen entwickelt. Das heißt sie haben die nicht-kommerziellen, geschützten Räume, die die Häuser oft bieten, genutzt, um ihre künstlerischen Potenziale, die später wichtig für ein Bestehen auf dem Kunst- und Kulturmarkt sind, zu entfalten. Die Soziokulturzentren sind demzufolge nicht nur wichtig als Auftraggeber für Künstler und Künstlerinnen, sondern auch als Orte für eine derartige Nachwuchsentwicklung. Gewissermaßen in der Umkehrung sollen die Kooperationen später - nach der Etablierung der Künstlerinnen und Künstler - auch dazu verhelfen, die Soziokultureinrichtungen zu stärken. Als Beispiele für derartige erfolgreiche Kooperationen zugunsten beider Seiten können Scheune und riesa efau gelten.
Zugangswege zu zeitgenössischem Kunstschaffen eröffnen
  • Durch ihr Knowhow in der Kunstvermittlung, die vorhandenen speziellen Zugangswege zu breiten Bevölkerungskreisen bzw. ihre Wohnortnähe kommt vielen Soziokulturzentren im doppelten Sinne eine besondere Rolle bei der Beförderung und Vermittlung zeitgenössischen Kunstschaffens zu. So stellen sie einerseits Künstlerinnen und Künstlern häufig Ausstellungs- bzw. Projekt- und Arbeitsräume zur Verfügung. Andererseits eröffnen sie Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen durch spezielle Angebote der kulturellen Bildung Zugangswege zu zeitgenössischen Künsten und leisten damit Basisarbeit.
Investitionsstau meistern
  • Eine besondere Herausforderung wird in den nächsten Jahren ein stark wachsender Investitionsbedarf in langjährig institutionell geförderten Soziokulturhäusern sein. Da ein Großteil der Häuser und ihre technischen Ausstattungen letztmalig in den 1990er Jahren baulich ertüchtigt wurden, wird im Gefolge der langjährigen intensiven Nutzung nun mehr und mehr ein erhöhter Verschleiß erkennbar. Zudem sind die Anforderungen an die Gebäude bzw. die einzuhaltenden Standards teils erheblich gewachsen. Dies macht sich insbesondere beim Brandschutz (Fluchtwege etc.), einer den Anforderungen von Menschen mit Behinderungen gerecht werdenden Ausstattung der Gebäude, den energetische Anforderungen aber auch der technischen Gebäudeausrüstung bemerkbar. Für die Landeshauptstadt ergibt sich eine besondere Verantwortung daraus, dass sich ein Großteil der Soziokulturzentren in kommunalen Immobilien befindet und die nötigen Investitionskosten vermittels der kommunalen Kulturförderung nicht zu bestreiten sind.
  • Erhebliche Verbesserungen für die Arbeitsbedingungen des riesa efau werden von der Wiedererrichtung des Vorderhauses Wachsbleichstr. 4a ab 2013 erwartet. Dafür sollen Mittel der Europäischen Union und der Landeshauptstadt eingesetzt werden. In dem Gebäude finden Werkstätten und Veranstaltungsräume ihren Ort, die u.a. aus brandschutztechnischen Gründen aus der Adlergasse 14 verlagert werden müssen. Mit dem geplanten Neubau des Werkstätten- und Veranstaltungsgebäudes kann die langfristige Sicherung, aber auch eine Steigerung von Umfang und Qualität der Angebote des Vereins erreicht werden. Durch die Umsetzung von notwendigen Brandschutzmaßnahmen in der Adlergasse 14 wird dieses Haus zudem als Kursort mit Veranstaltungskeller wieder belebt.

Keine Kommentare: